Janik Wiederspahn
Ich bin Vater einer sechsjährigen Tochter und eines dreijährigen Sohnes, die vormittags beide in die gleiche Kita gehen. In der Einrichtung wurden vor einigen Wochen Hinweistexte aufgehängt mit der Bitte, dass die Eltern bei der Abholung ihrer Handys nicht nutzen sollten und stattdessen ihren Kindern die ungeteilte Aufmerksamkeit schenken sollen.
Dennoch erlebe ich häufig bei der Abholung die Situation, dass Kinder freudestrahlend auf ihre Eltern zulaufen, diese aber noch immer in ihr Smartphone vertieft sind und ihrem Kind in diesem so wichtigen Moment keine geteilte Aufmerksamkeit geben. Häufig wird noch schnell das letzte Online Meeting mit Knopf im Ohr zu Ende geführt, eine Whatsapp geschrieben oder der nächste Arzttermin abgemacht. Und wenn ich ehrlich zu mir bin, kann auch ich mich nicht immer davon freimachen, dass ich mein Handy noch in der Hand habe oder erst in allerletzter Sekunde wegstecke.
Das von der Kita angebrachte Schild ist ein netter Reminder für etwas, das eigentlich selbstverständlich sein sollte. Denn die meisten Dinge haben keine so große Dringlichkeit, dass sie nicht auch eine Stunde später erledigt werden könnten. Durch das Smartphone in der Tasche muss man aber ständig dem Impuls widerstehen. Dass die Kita es für notwendig erachtet hat, dieses Schild anzubringen, ist ein Zeichen, dass immer weniger Eltern diesem Impuls widerstehen können.
Für mich ist es ein mahnendes Beispiel dafür, dass Mediensozialisation nicht nur im Kinder- und Jugendalter stattfindet, sondern auch im Erwachsenenalter und insbesondere wenn Erwachsene Eltern werden. Nicht nur die Eltern sozialisieren ihre Kinder – auch die Kinder beginnen ihre Eltern zu sozialisieren. Für diese Wechselwirkung ist Medienkompetenz und ein bewusster Medienumgang unabdingbar. Medienerziehung von Kindern ist nicht immer ein bewusster Prozess, sondern wird durch die elterliche Mediennutzung unbewusst beeinflusst. Und die Elterngeneration hat – im Gegensatz zu den meisten jetzigen Schülern – keinerlei Medienpädagogik in der Schule genossen.