„Süchtig im Straßenbild – Das Smartphone als Unsichtbare Droge“

Hader Waked

Geht man heute durch eine belebte Straße, sehen wir viele Menschen, aber kaum noch echte Gesichter. Fast jeder starrt auf ein leuchtendes Rechteck in der Hand: das Smartphone. Es ist zur Verlängerung unseres Körpers geworden, zum ständigen Begleiter, zum unverzichtbaren Reizgeber. Doch was wäre, wenn man in einem solchen Moment alle Handys einfach aus dem Bild löschen würde?

Plötzlich sieht man Menschen, die den Kopf hängen lassen, regungslos, mit gesenktem Blick, so als würden sie trauern oder schlafwandeln. Ohne das Gerät in ihren Händen wirkt ihre Haltung traurig, fast verstörend. Genau hier wird sichtbar, was wir nicht mehr sehen wollen: Wir sind abhängig. Das Smartphone ist zur Droge geworden, nur erkennen wir es nicht als solche.

Diese Droge ist weder verpönt, illegal, noch in dunklen Ecken versteckt. Sie ist modern, cool, allgegenwärtig und außerdem gesellschaftlich völlig akzeptiert. Kein erhobener Zeigefinger warnt uns, kein Entzug wird empfohlen. Stattdessen sprechen wir von „vernetzt sein“ und „informiert bleiben“. Doch die Wahrheit ist oft weniger schmeichelhaft. Wir scrollen aus Langeweile, tippen aus Zwang und aktualisieren ohne Grund.

Unser Verhalten ist ritualisiert wie das eines Rauchers, nur subtiler. Der erste Griff am Morgen? Zum Handy. Warten an der Haltestelle? Auch am Handy. Gesprächspause? Handy. Dabei verpassen wir genau das, was uns als Gesellschaft eigentlich verbindet: den echten Kontakt, das ungefilterte Erleben, den Blick nach oben.

Schlimmer noch: Die psychischen und sozialen Schäden werden ignoriert. Konzentrationsstörungen, Angst, Vergleiche auf Social Media, permanente Reizüberflutung. Das alles sind Dinge, die unsere Gesellschaft ausblendet. Wie bei jeder Sucht, wird der eigene Konsum verharmlost: „ich kann jederzeit aufhören“. Wirklich?

Das eingereichte Foto greift genau dieses Spannungsfeld auf. Es zeigt Menschen auf der Straße, vertieft in ihre Geräte. Wären die Handys verschwunden, bliebe nur noch ein Bild voller gekrümmter Rücken und leerer Blicke, ein stummer Beweis dafür, wie absurd unser Verhalten wirkt, wenn man es aus der Distanz betrachtet.

Das Verhältnis von Gesellschaft und Meiden zeigt sich hier von seiner düsteren Seite. Wir feiern Technik, aber vergessen, was sie mit uns macht. Wir konsumieren Medien, aber sie konsumieren auch uns. Die eigentliche Gefahr liegt nicht im Gerät, sondern darin, dass wir nicht erkennen, wie sehr es uns längst beherrscht.