Nur noch am Handy?

Philipp Ehrhardt

Umgangssprachlich werden solche Menschen, die ihre Umwelt aufgrund des SmartphoneKonsums nur noch teilweise wahrnehmen, als „Smombie“ bezeichnet. Es handelt sich um eine Zusammensetzung aus den Worten Smartphone und Zombie.

Ich sitze in der Bibliothek und arbeite an dem Essay zu dem aufgenommen Foto. Neben meinem Laptop liegt mein Smartphone. Blinkt der Bildschirm des Handys auf, weil ich eine neue Benachrichtigung empfangen habe, wandert meine Aufmerksamkeit sofort von der Arbeit zu dem Handy. In diesen Momenten ist es unglaublich schwierig, sich nicht ablenken zu lassen und weiterhin konzentriert der Arbeit nachzugehen. Wie lässt sich diese große Anziehungsfähigkeit des Gerätes erklären und kann in diesem Zusammenhang sogar schon von einer Sucht gesprochen werden? Mit welchen Strategien lässt sich der Konsum möglicherweise reduzieren?

Generell kommt dem Smartphone in unserer heutigen Gesellschaft eine große Bedeutung zu. 2018 gab es in Deutschland 57 Millionen Smartphone-Nutzer. In der Altersklasse von 14 bis 49 Jahre lag der Nutzeranteil bei über 95 Prozent (STATISTA 2019). Ob Kommunikation über WhatsApp oder andere Messenger, telefonieren, Fotos machen, Videos oder Serien schauen, Musik hören, Spiele spielen, im Internet surfen oder sich in sozialen Netzwerken wie Instagram oder Facebook rumtreiben, das Smartphone vereint enorm viele Anwendungsmöglichkeiten. Dementsprechend besteht auch ein großes Potential, dass es übermäßig viel benutzt wird. Smartphone-Sucht stellt in der Forschung nur einen Arbeitsbegriff dar, der eine problematische Nutzung des Gerätes und seiner Inhalte beschreibt. Tatsächlich kann ein exzessiver Umgang mit dem Smartphone suchtähnliche Parallelen aufweisen. Einige aus der Suchtforschung bekannte Symptome lassen sich einfach auf die problematische Smartphone-Nutzung übertragen: Die ständige gedankliche Beschäftigung mit der Droge (in diesem Fall Smartphone), wenn man zum Beispiel gespannt auf eine Nachricht wartet, Kontrollverlust oder auch aufkommende Entzugserscheinungen, sollte man das Gerät vergessen haben oder wenn der Akku des Handys leer ist (vgl. MONTAG 2018, S. 14).

Der durchschnittliche Smartphone-Nutzer verbringt täglich knapp drei Stunden an seinem Gerät. Für den Psychologen Christian Montag seien jedoch ständige Unterbrechungen des Alltags durch das Smartphone problematischer als die tatsächliche Nutzungsdauer. Die zu Beginn geschilderte Situation ist eine solche Unterbrechung, in der das Handy meine Konzentration unterbrochen und somit die Produktivität der Arbeit gestört hat. Ein anderes Beispiel ist, wenn das Smartphone zum Prüfen der Uhrzeit verwendet wird. Bei einem Blick
auf das Handy fallen neben der Uhrzeit auch die Benachrichtigungen ins Auge, welche dann häufig zur Ablenkung und länger als beabsichtigten Nutzung des Smartphones führen. Durch die alltäglichen Unterbrechungen würde es zu einer „Fragmentierung unseres Lebens“ kommen (MONTAG 2017, S. 47). Menschen mit geringer Gewissenhaftigkeit und Selbststeuerungsfähigkeit seien besonders anfällig für eine erhöhte Nutzung, da es ihnen schwieriger fällt, der Versuchung des Smartphones zu widerstehen.

Die Umwelt wird während der Bedienung des Smartphones eingeschränkt wahrgenommen, was besonders im Verkehr gefährlich werden kann. Auch in Konversationen ist es immer wieder zu beobachten, dass Menschen, die sich während eines Gesprächs am Handy befinden, so sehr abgelenkt werden, dass sie das Gesagte gar nicht oder nur zum Teil mitbekommen. Darüber hinaus ist dieses Verhalten sehr unhöflich, weil der ständige Blick auf das Smartphone meinem Gesprächspartner das Gefühl gibt, dass für mich das Gerät interessanter als die Konversation ist. Umgangssprachlich werden solche Menschen, die ihre Umwelt aufgrund des Smartphone-Konsums nur noch teilweise wahrnehmen, als „Smombie“ bezeichnet. Es handelt sich um eine Zusammensetzung aus den Worten Smartphone und Zombie (SPIEGEL 2015). Das Foto soll zwei solcher „Smombies“ zeigen, die es nicht mal schaffen, während der Begrüßung den Blick vom Smartphone zu lösen und dem Gegenüber in die Augen zu schauen. So übertrieben wie auf dem Foto dargestellt ist es zwar glücklicherweise (noch) nicht, es verdeutlicht jedoch das von mir aufgezeigte Problem der übermäßigen Nutzung des Smartphones in unserer heutigen Gesellschaft.

Grundsätzlich wird schon genug Zeit am Smartphone verbracht, weshalb man zumindest während eines Treffens nicht die ganze Zeit auf das Handy schauen sollte, um nicht unhöflich seinen Mitmenschen gegenüber zu sein und mehr von dem Gesagten mitzubekommen. In Phasen konzentrierter Arbeit empfiehlt es sich, das Smartphone beiseite zu legen, um einer möglichen Ablenkung durch das Gerät zu entgehen. Zudem kann das Nutzen einer Armbanduhr dabei helfen, den Gebrauch des Smartphones zu reduzieren, weil es beim Prüfen der Uhrzeit nicht zu einer möglichen Ablenkung durch Benachrichtigungen auf dem Bildschirm kommen kann. Es sei denn, man trägt eine digitale Armbanduhr…

Literatur:
MONTAG, CHRISTIAN: Wie viel Smartphone-Nutzung ist normal? Von Selbstregulation, Flow und der Bedeutung, den Tag zu hüten, in: Psychotherapie im Dialog 1 (2017), S. 46-50.
MONTAG, CHRISTIAN: Homo Digitalis. Smartphones, soziale Netzwerke und das Gehirn, Wiesbaden 2018.
SPIEGEL: Smartphone + Zombie = Smombie. Jugendwort des Jahres 2015, https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/smombie-ist-jugendwort-des-jahres-a-1062671.html; letzter Zugriff 17. Juni 2019.
STATISTA: Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009 bis 2018 (in Millionen), 2019, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschland-seit-2010/, letzter Zugriff 17. Juni 2019.