Bewegte Rollenbilder

Mattes Wisbar

Wenn man durch so eine Serienlandschaft sozialisiert wird, ist es nicht verwunderlich, dass ich mich als Teenager, bei meinem ersten miterlebten Coming Out nicht so verhalten habe, wie ich es mir im Nachhinein gewünscht hätte.

Ted, Charlie, Nick, J.D. und Turk waren treue Begleiter auf meinem Weg ins Erwachsenen-Leben. Die männlichen Stars und ihre Erfolgssitcoms How i met your Mother, Two and a Half Men, New Girl und Scrubs haben meine Entwicklung sicherlich maßgeblich beeinflusst. Inwiefern sie Vorurteil-, und Stereotypenbildung unterstützen und wie sich eine deutliche Veränderung zum heutigen Serienmarkt zeigt, gleich mehr nach der Werbung.

Das sexistische Arschloch als gemeinsamer Nenner

Wenn man die Figurenkonstellationen der verschiedenen Serien anschaut, fallen einem wahrscheinlich mehrere Ähnlichkeiten auf. So gibt es in den Freundeskreisen häufig ein Paar, bestehend aus Mann und Frau, welches vom Anfang der Serie bis zum Ende dieser bestehen bleibt. Darüber hinaus gibt es oft eine Person, die neu im Freundeskreis ist, welche, wie im Fall von Robin Scherbatsky, aus zweckgebundenen Gründen, auch noch nach acht Jahren Freundschaft, immer wieder fragen muss, was es mit denn dieser oder jener Geschichte auf sich hat, damit die Anderen uns etwas aus der Vergangenheit erzählen können. Aber eine Figur scheint unumgänglich für die Sitcom-Macher dieser Zeit gewesen zu sein: Das sexistische Arschloch. Ob nun eher als Nebenfigur, wie Todd aus Scrubs, als eine der Hauptfiguren, wie Barney und Schmidt aus How i met your Mother und New Girl, oder gleich als die zentrale Hauptfigur, wie bei Charlie aus Two and a Half Men. Zuallererst sollte dazu erwähnt werden, dass all diese Figuren im Laufe der Serie eine Entwicklung durchmachen und dass die Ursache für ihren Sexismus, welcher meist auf innere Zerrissenheit und oder Unsicherheit zurückgeht, mehr oder weniger gut beleuchtet wird. Außerdem wird das fragwürde Verhalten zumindest von den weiblichen Figuren klar als Fehlverhalten gekennzeichnet und der Zuschauer soll hier schon merken, dass das alles doch nicht so legendär ist. Auf der anderen Seite bringen die Serien den Zuschauer nicht dazu über den Sexist zu lachen, sondern mit ihm. Diese Charaktere werden keinesfalls in einem schlechten Licht dargestellt, stattdessen sind die Figuren, wie Barney Stinson, der lustige heimliche Star der Serien, an dessen Humor ich mich als heranwachsender prima orientieren konnte. So habe ich oft versucht Settings in ähnliche Situationen zu lenken, um die schlagfertigen Sprüche kopieren und damit erfolgreich den einen oder anderen Lacher erhaschen zu können.

Homosexualität in Serien

Die Serie Scrubs habe ich, vermutlich wegen der „Bromance“ zwischen Turk und J.D., in Bezug auf Homosexualität immer als sehr aufgeschlossen wahrgenommen. Allerdings gucke ich die Serie momentan seit Jahren mal wieder und stelle fest, dem ist absolut nicht so. Homosexualität wird in allen Szenen, in denen es thematisiert wird, als etwas Komisches und Unnatürliches dargestellt. Die Figuren, die wir sehen, sind entweder ein wandelndes Klischee oder bekommen, wie im Fall von Dr. Kelsos Sohn, eine homophobe Hasstirade zuhören, die den Zuschauer erheitern soll. Dass ich diese Serie als fortschrittlich und aufgeschlossen in Erinnerung hatte, sagt Einiges über die anderen Sitcoms aus. Wenn man durch so eine Serienlandschaft sozialisiert wird, ist es nicht verwunderlich, dass ich mich als Teenager, bei meinem ersten miterlebten Coming Out nicht so verhalten habe, wie ich es mir im Nachhinein gewünscht hätte.

Wandel erkennbar?

Die öffentliche Wahrnehmung hat sich offensichtlich weiterentwickelt, dementsprechend auch die Serien. Ein Beispiel für eine Sitcom wäre hier Brooklyn99. In der Serie gibt es mehrere Hauptcharaktere die Homo-, oder Bisexuell sind, ohne dass irgendwelche Stereotype bedient werden. Insgesamt sieht man in Netflix-Serien immer öfter Figuren aus der LGBTQ+ Community, ohne dass deren Charakter darüber definiert wird. Dieser Vorgang sorgt für ein realistischeres und weniger wertendes Bild von Sexualität in unserer Gesellschaft und hilft heranwachsenden weniger Vorurteile aufzubauen. Noch dazu kommt, dass man durch den Trend des Streamens größtenteils selber entscheiden kann, was man als nächstes binge-watchen möchte. Die Möglichkeit hatte ich damals nicht und das war wohl ein entscheidender Grund warum ich Two and a Half Men geguckt habe, obwohl ich es eigentlich echt nicht gut fand.

Zusammenfassend kann man sagen, dass sich in der Darstellung von Sexualität in den letzten zwanzig Jahren eine enorme Entwicklung beobachten lässt. Das ist sehr positiv, da Serien einen großen Einfluss auf die Sozialisation haben. Damit will ich nicht sagen, dass dort alles einwandfrei ist, sondern eben nur, dass ich die Entwicklung als positiv bewerte. Bei den männlichen und weiblichen Rollenbildern sehe ich zwar auch eine Entwicklung, allerdings ist diese nicht so stark ausgeprägt.
Alles in Allem sollte man die Entwicklung einfach weiter kritisch beobachten und die Serien unterstützen, welche die Rollenbilder und Stereotype versuchen aufzubrechen.