Der Blick durch die Linse

Larissa Reiß

Sehen wir nicht viele Momente nur noch durch die Linse und sind weit davon entfernt den Moment zu genießen? Und hier frage ich mich, ob es möglich ist, wieder dahin zu kommen, dass wir einfach den Moment genießen, ganz ohne den Druck ein Foto/Video zu machen und diesen für die „Erinnerung“ festzuhalten.

Erinnerungsfotos/Videos im Urlaub, auf Konzerten, der Besuch im Restaurant -alles Momente, in denen wir unseren kleinen Computer aus der Hosentasche zücken und mal schnell ein Foto beziehungsweise ein Video machen. Aber was dann?

Mir kommt es manchmal so vor, als wenn wir unsere ganze Welt nur noch durch die Kameralinse betrachten. Ein schnelles Video hier, schnell mal ein Foto da und die Erinnerungen sind eingefangen – später schauen wir uns das Ganze bestimmt noch mal an, aber wirklich? Seien wir mal ehrlich zu uns – wer guckt sich die ganzen Bilder/Videos von vergangenen Konzerten, Festivals, Restaurant besuchen und auch Urlauben wirklich an? Warum machen wir das ganze eigentlich?

Mein erster Gedanke dazu ist natürlich, dass wir die Erinnerung behalten wollen. Manchmal vergisst man Dinge und dann ist es doch gut zu wissen, dass man noch mal kurz nachschauen kann. Und ist es nicht auch schön, das Fotoalbum aus dem ersten gemeinsamen Urlaub durchzublättern und gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen. Aber tut man das am Ende wirklich? Ich ertappe mich selbst dabei, wie ich die schönsten Momente, das leckere, toll angerichtete Essen im Restaurant und auch mein Lieblingssong von meiner Lieblingsband auf einem Konzert aufnehme. Aber wenn ich ehrlich zu mir bin, gucke ich es mir am Ende doch nicht nochmal an. Vielleicht noch mal auf dem Heimweg, in der Bahn, um noch mal das Gefühl aufleben zu lassen – und das dann auch wirklich schön – aber spätestens zwei Tage später sind es irgendwelche Daten auf meinem kleinen Computer in der Hosentasche und das Foto/Video ganze schnell vergessen. An das Konzert kann ich mich trotzdem noch erinnern es war wunderbar und eigentlich brauche ich davon kein Foto oder ein Video. Oder auch das 100. Bild vom Sonnenuntergang im schönen Urlaub in den Alpen oder in Thailand. Ich ertappe mich auch dabei wie ich die Fotos und Videos meinen Freunden und der Familie Schicke. Einfach, weil ich gerne den Moment teilen möchte, aber kann man das über so ein Foto eigentlich?

Und dann geht es natürlich heute noch oft darum, das Ganze auf den unterschiedlichsten Social-Media-Plattformen zu teilen, Likes und Kommentare zu sammeln. Aber was macht das eigentlich mit uns? Sehen wir nicht viele Momente nur noch durch die Linse und sind weit davon entfernt den Moment zu genießen? Und hier frage ich mich, ob es möglich ist, wieder dahin zu kommen, dass wir einfach den Moment genießen, ganz ohne den Druck ein Foto/Video zu machen und diesen für die „Erinnerung“ festzuhalten.

Ich glaube wir sind an einem Punkt angekommen, an dem wir wieder lernen müssen Dinge richtig zu genießen und den Moment wahrzunehmen. Die heutige Generation Kinder und Jugendliche kennen die Situation, dass nicht immer eine Kamera dabei ist, vermutlich gar nicht mehr. Sie werden mit Instagram, Tic Toc und Co. groß. Das Schnelle Foto oder Video lauert überall und man wird ja auch dazu animiert, alles festzuhalten.

Aus meiner Sicht, wartet da eine große Verantwortung und auch Herausforderung auf uns als Erwachsene, den Kindern und Jugendlichen zu zeigen, wie schön die Welt auch ohne den ständigen Begleiter digitales Medium um uns herum sein kann. Eine Verantwortung gegenüber der heutigen Generation Kinder- und Jugendlicher aber auch einer Verantwortung gegenüber dem Medium Foto und Video.