Hate Speech – Was macht das und wie kann man dem begegnen?

Knut Friederichs

„Du Feigling springe doch endlich“. Dies ist ein Post, der auf der Facebook-Seite der „Berlin Tag und Nacht“-Darstellerin Laura Maack zu finden ist. Auf Posts dieser Art angesprochen, erzählt Frau Maack, diese hätten sie anfangs schon getroffen.

„Jeder, der das normal lesen würde, sagen würde: ‚Boah, Laura, krass!“ Aber nicht nur Menschen des öffentlichen Lebens werden Opfer dieser diffamierenden, beleidigenden und oftmals auch bedrohenden Nachrichten über Social Media. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind häufig betroffen. Aber was genau ist „Hate Speech“ eigentlich? Im fachlichen Diskurs wird Hate Speech als intenionale Ausdrucksweise mit dem Ziel, „bestimmte Personengruppen herabzusetzen und zu verunglimpfen“ (Hajok 2017: S. 2). Typischerweise handelt es sich hierbei um öffentlich repräsentierten Hass (etwa auf öffentlich einsehbaren Profilen bei Facebook oder als Kommentare unter Instagram-Posts), welcher gezielte Hetze gegenüber bestimmte Gruppen und nicht selten Aufrufe zu Gewalt gegen diese Gruppen beinhaltet (vgl. ebd.). Die einzelne Ausgestaltung dieser Hass-Kommentare sind in allen Formen denkbar: von Beleidigungen, Volksverhetzungen, Drohungen durch Bodyshaming, rassistischen oder sexistischen Aussagen, empfindlicher Einschüchterung einzelner Personen usw. 

Diese Art des Hate Speech können weitreichende Folgen sowohl in gesellschaftlicher als auch in persönlicher Hinsicht haben: Die Amadeu Antonio Stiftung sagt, dass Sprache eine Vorbereitung auf das Handeln ist und diese den Weg zu Gewalt und Vernichtung bereite (Baldauf et al 2015: S. 7). Ob Hate Speech bei Gewalttaten tatsächlich der Nährboden für diese war, ist schwer nachzuweisen (wie dies eben häufig ist, wenn im Strafrecht Motive als innerer Gedankengang bewertet werden müssen). So konnte aber die University of Warwick zumindest eine Verbindung zwischen Hasskommentaren auf der Facebook-Seite der deutschen Partei „Alternative für Deutschland“ und tatsächlichen Übergriffen auf Flüchtlinge in Deutschland herstellen (vgl. Müller/Schwartz 2020: S. 14 ff.).

Hier ist auch vor allem an den Mord an dem deutschen Politiker Walter Lübke zu denken, bei dem in der öffentlichen Debatte häufig eine Verbindung zu Hate Speech im Internet gesehen wurde (so auch Marinic 2019).

Aber selbst, wenn eine direkte Verbindung zwischen Hate Speech und tatsächlicher Gewaltanwendung nicht herzustellen ist, so sind die persönlichen Folgen für den Adressaten immens. Daraus resultierende Angst führt bei Politikern zum Rücktritt von ihren politischen Ämtern, führen dazu, dass sich Menschen aus den sozialen Medien zurückziehen und den Eindruck gewinnen können, dass die Achtung der Menschenwürde gesamtgesellschaftlich einen geringeren

Stellenwert hat (vgl. Apostel 2019: S.291). Neben dieser sozialen Isolation – welche für Kinder und Jugendliche zur Entfremdung zu ihren peers führen kann – kann Hate Speech Depressionen und seelische Probleme hervorrufen und verstärken. Dies kann im schlimmsten Fall zum Suizid des/der Betroffenen führen (vgl. Sponholz 2018: S. 22; Sirsch 2013: S. 170). Die Folgen sind also immens für das Individuum. Wie können wir also im Sinne des Kinder- und Jugendschutzes auf Hassrede reagieren? Zunächst eröffnet sich der Rechtsweg. Denkbar sind strafrechtliche Anzeigen auf Grundlage der §§ 185 [Beleidigung], 186 [üble Nachrede], 187 [Verleumdung], 241 [Bedrohung], 240 [Nötigung] und 130 StGB [Volksverhetzung] (vgl. Apostel 2019: S. 288). Des Weiteren gibt es unter hassmelden.de eine zentrale Meldestelle für Hate Speech. Daneben gibt es eine Vielzahl von Vereinen, die Opfer von Hate Speech unterstützen und beraten, stellvertretend sei hier der Verein „HateAid“ genannt. In Schulen kann Hate Speech thematisiert und besprochen werden und in konkreten Situation auch adressiert werden – wobei hier pädagogische Vorsicht geboten ist, denn eine Tätersanktion könnte gerade zu einer Zementierung der Opferrolle führen (vgl. May (2018): S. 407). Auf den Social Media-Plattformen kann man Täter blockieren und oftmals auch melden. Und letztlich sind sensibel geführte Gespräche mit den Opfern ein Mittel, um zum Beispiel die Machtstrukturen bei Hate Speech offen zu legen und dadurch zu bekämpfen. So sagt auch die eingangs erwähnte Laura Maack zu ihrem Umgang mit Hate Speech, „dass ich mir ganz genau bewusst geworden bin, dass diese Menschen, die mich haten oder so schlecht über mich reden […], so sehr mit sich selbst unzufrieden sind und sich nicht damit auseinandersetzen können und Angst haben vor Angriff, dass sie angreifen“. Dem ist dann auch nichts mehr hinzuzufügen.

Literatur
Apostel, Christoph (2019): Hate Speech – zur Relevanz und den Folgen eines Massenphänomens, in: Kriminalpolitische Zeitschrift (KriPoZ) 5, 2019, S. 287 – 292. Online abrufbar unter: https://kripoz.de/wp-content/uploads/2019/09/apostel-hate-speech-zur-relevanz-und-den-folgeneines-massenphaenomens.pdf (zuletzt abgerufen am 28.06.2019).

Baldauf, Johannes / Banaszczuk, Yasmina / Koreng, Ansgar / Schramm, Julia / Stefanowitsch, Anatol (2015): „Geh sterben!“ Umgang mit Hate Speech und Kommentaren im Internet. Online abrufbar unter: http://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/hatespeech.pdf (zuletzt abgerufen am 28.06.2020).

Hajok, Daniel (2017): Hate Speech. Hass und Hetze im Netz als Thema des Kinder- und Jugendmedienschutzes. In: JMS Jugend Medien Schutzreport, Jahrgang 40 (2017), S. 2 – 6.

Marinic, Jagoda (2019): Trauern um Walter Lübke, in: TAZ, online abrufbar unter https://taz.de/KommentarMordanKasselerPolitiker/!5604153/ (zuletzt abgerufen am 28.06.2020).

May, Michael (2018): Hate Speech analog – Eine situative Herausforderung in Schule und Unterricht. In: Gesellschaft Wirtschaft Politik (GWP), Heft 3/2018, S. 399-408. Online abrufbar unter: https://www.researchgate.net/profile/Michael_May9/publication/340487591_Hate_Speech_analog__Eine_situative_Herausforderung_in_Schule_und_Unterricht/links/5e8c84c0299bf13079843a42/HateSpeechanalogEinesituativeHerausforderunginSchuleundUnterricht.pdf (zuletzt abgerufen am 28.06.2020).

Müller, Karsten / Schwartz, Carlo (2020): Fanning the Flames of Hate: Social Media and Hate Crime, University of Warwick, Departement of Economics, Centre for Competitive Advantage in the Global Economy (CAGE). Online abrufbar unter: https://poseidon01.ssrn.com/delivery.php?ID=6151000080070250840960811250710260680020590930 93031010095069005067124126072104016099058027096058051040011089099004095012121001108 058062055076070116090069106100127070065059085125015119019083064085022014001002116071 091015119003113108104072076102112009026&EXT=pdf (zuletzt abgerufen am 28.06.2020).

Sirsch, Jürgen (2013): Die Regulierung von Hassrede in liberalen Demokratien. In: Meibauer, Jörg [Hrsg.]: Hassrede / Hate Speech. Interdisziplinäre Beiträge zu einer aktuellen Diskussion. S. 165 – 193. Gießener Elektronische Bibliothek.

Sponholz, Liriam (2018): Hate Speech in den Massenmedien. Theoretische Grundlagen und empirische Umsetzung. Springer VS Verlag, Heidelberg.