Illusion vor Realität

Hosna Mahmoud

Durch die Möglichkeiten, die uns geboten werden Bilder zu bearbeiten, entscheiden wir uns selbst, ob wir hier die Realität vorziehen und sie so akzeptieren wie sie ist oder lieber uns für eine Illusion entscheiden, weil das Bestreben nach mehr und nach Schönheit oder Ästhetik immer größer und von den Medien und der heutigen Gesellschaft motiviert und eher unterstützt wird.

Es ist wohl ganz natürlich, dass man sich zum Schönen hingezogen fühlt. Wobei Schönheit im Auge des Betrachters liegt. Durch die Bildbearbeitung gewinnen wir hier über eine Funktion oder sogar eine Macht Objekte, Kulissen und Menschen zu verändern oder sagen wir lieber zu verschönern. Ein technologischer Fortschritt aber die Gefahr eines Menschlichen Rückschritts?

Ein wunderschöner Tag am Timmendorfer Strand, teils sonnig teils bewölkt, dennoch kann das Bild (links) so nicht ins Netz reingestellt werden. Erst nach der Bearbeitung der Helligkeit, Kontrast und Sättigung und weil das alles nicht ausreichend war, musste noch ein Filter verwendet werden, zu beachten ist auch, dass es bloß nicht bearbeitet aussieht.., nun haben wir das schönste aus dem Bild herausholen können und es kann hochgeladen werden. Das bearbeitete Bild sieht zwar nicht mehr ganz nach Ostsee aus und die Erinnerung aus diesem Tag ist auch fast gar nicht mehr vorhanden, weil so der Strand ja gar nicht aussah. Aber der erste Gedanke.. Wow! Es wäre so, so viel schöner gewesen… statt es war so schön (auch ohne Bearbeitung!)

Eine Macht, die dem Menschen zum Verhängnis wird, wenn sie dadurch oberflächlich wird und nur noch mehr auf das Optische achtet. Dabei Erinnerungen und eigentliche Geschehnisse im Hintergrund oder in Vergessenheit geraten lässt. Hierbei entsteht die Frage, ob wir uns Bewusst sind, dass wir hier eine Illusion wertschätzen und die eigentliche Natur in ihrer Vollkommenheit und ihrer eigenen Schönheit gar nicht mehr so wahrnehmen können oder wollen?! Durch die Möglichkeiten, die uns geboten werden Bilder zu bearbeiten, entscheiden wir uns selbst, ob wir hier die Realität vorziehen und sie so akzeptieren wie sie ist oder lieber uns für eine Illusion entscheiden, weil das Bestreben nach mehr und nach Schönheit oder Ästhetik immer größer und von den Medien und der heutigen Gesellschaft motiviert und eher unterstützt wird.

Es gibt einen Anfang aber es nimmt kein Ende. Wenn man erst einmal Gefallen daran findet Bilder von Objekten und Ortschaften zu bearbeiten, eventuell dann das eigene Bild von sich als nächsten Schritt vornimmt umzugestalten, was bleibt eigentlich noch übrig? Man kreiert etwas ganz anderes, etwas das sich eher von der Realität entfernt. Und ganz plötzlich ist jedes Bild bearbeitet. Und das einfache Bild genügt nicht mehr. Eine weitere Frage die man sich selbst dann stellen sollte, warum verschönern wir unsere Bilder? Tun wir dies für uns, damit sie uns selber gefallen oder tun wir jenes um die Anerkennung von anderen zu bekommen? Damit wir ein „Oh das Bild ist so schön!!“ oder „Wow! ich wäre jetzt auch gerne dort!“ zu hören? Dabei war es gar nicht so schön oder waren selber gar nicht an so einem Ort…

Also wem täuschen wir was vor? Ist es aber auch unsere Absicht jemanden was vorzutäuschen? Vielleicht nicht am Anfang, denn am Anfang war es nur ein Experiment, ein Austesten der neuen „Macht“ oder Funktion. Inwiefern wir uns davon beeinflussen lassen oder in welchem Ausmaß wir diese Funktion weiter verwenden, das obliegt uns selbst. Die Gefahr besteht, dass man tatsächlich etwas an Wertschätzung der eigentlichen Schönheit sowie es die Natur vorbestimmt hat, verliert. Jenes unbewusst, gleichzeitig auch bewusst, da man weiß.. es geht doch irgendwie immer schöner. Auch wenn dieses nur auf ein Medium zu beobachten ist.

Es sollte aber nicht alles negativ betrachtet werden. Bilder zu bearbeiten ist ein weiterer Kenntniserwerb, man schult das Auge auf Details zu achten. U.a. fördert es die Kreativität und man verwendet z.B. ältere Bilder oder auch Bilder mit denen man nicht zufrieden ist und gestaltet sie neu bis sie einem gefallen. Also wird ja hier schon fast „recycelt“ könnte man sagen.
Es gibt eine Vielfalt an Möglichkeiten wie man sich nur anhand Bilder und Bildbearbeitung eine Freude zubereiten kann. Dieses bringt durchaus einen positiven Effekt mit sich. Gerade für Heranwachsende ist es aber durchaus wichtig und nicht ganz unbedeutend, ihnen die natürliche Schönheit so zu präsentieren wie sie gegeben ist. Zumal nicht alles „schön“ sein muss, um überhaupt präsentiert werden zu müssen und Schönheit an sich auch nur subjektiv betrachtet werden kann.

Man sollte schließlich nicht vergessen, warum man erst ein Bild macht. Denn wenn es darum ginge, um den einen Moment festzuhalten, dann sollte man nicht den Fokus durch die excessive Bildbearbeitung auf etwas legen, was nur nebensächlich ist.