Virtual Reality: Brille auf. Welt an.

Marie Lehner

Es stellt sich die Frage, in wieweit das nahezu komplette Eintauchen in die Virtuelle Realität einen Wirklichkeits- und Realitätsverlust zu Folge haben kann, wenn Kinder oder Jugendliche die Unterscheidung von Virtueller Realität und Wirklichkeit nicht mehr machen können.

Der schulische Unterricht heutiger Zeit ist geprägt von dem Einsatz verschiedener Medien, bei denen die neueren digitalen Medien an Bedeutung gewinnen. Die Aufgabe der Schulen ist es, die Kinder und Jugendlichen auf die stetig wandelnden Anforderungen der digitalisierten und medialisierten Lebens- und Arbeitswelt vorzubereiten. Dafür ist es erforderlich solche Medien in das Lehr- und Lerngeschehen einzubeziehen und die Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung verschiedener Medien zu beurteilen. Daraus resultiert eine kontinuierliche Neu- und Weiterentwicklung von Lern- und Unterrichtsmaterialien. Ziel muss es sein, im besonderen auch Medien zu thematisieren, die nicht nur eine Gegenwartsbedeutung für die Lernenden haben, sondern insbesondere auch eine Zukunftsbedeutung. Daneben ist es wichtig zu prüfen, welchen didaktisch-methodischen Mehrwert neue Medien für das schulische Lehr-Lerngeschehen haben und ob diese zum Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler beitragen können, so dass eine Weiterentwicklung des Unterrichts ermöglicht werden kann.

Eines der neusten Medien, das sich in den letzten Jahren in dem Lebens- und Arbeitsalltag der Menschen verbreitet hat, ist das der „Virtual Reality“, zu Deutsch „Virtuelle Realität“. Es ist eine Technologie, welche bislang in der schulischen Bildung erst wenig Beachtung fand.

Virtual Reality, kurz VR, wird eine vom Computer simulierte Wirklichkeit, eine künstliche Welt, in die sich jemand mithilfe der entsprechenden technischen Ausrüstung scheinbar hineinversetzen kann, genannt. Dies findet in verschiedenen Bereichen Anwendung. Vor allem im Bereich des Entertainments und des „Gaming“ sind die Technologien der Virtual Reality zu finden. Nicht echte, nicht in Wirklichkeit vorhandene, aber echt erscheinende Welten oder Szenarien werden hier simuliert. Es entstehen interaktive virtuelle Umgebungen, in denen der Zuschauer zum Akteur wird und neuartige Erlebnisse und Erfahrungen macht, die man normalerweise nicht selbst in der wirklichen Welt erleben kann.

Der Spieler taucht in die virtuelle Welt ein, die Wahrnehmung der eigenen Person in der realen Welt wird vermindert und der Nutzer fühlt sich mehr als Person in der virtuellen Welt. Dieses Phänomen wird als „Immersion“ bezeichnet. Die virtuelle Welt erscheint dem Zuschauer plausibel, wenn die Interaktionen in ihr logisch und stimmig sind. Man bekommt das Gefühl, dass die eigenen Aktionen auf die virtuelle Umgebung Einfluss haben, jedoch auch, dass die Ereignisse in der Umgebung die Sinne des Nutzers beeinflussen, er also in der Welt agieren kann. Durch diese Interaktivität wird die Illusion geschaffen, dass das, was zu passieren scheint, tatsächlich passiert.

Hier stellt sich nun die Frage, in wieweit dieses nahezu komplette Eintauchen in die Virtuelle Realität einen Wirklichkeits- und Realitätsverlust zu Folge haben kann, wenn Kinder oder Jugendliche die Unterscheidung von Virtueller Realität und Wirklichkeit nicht mehr machen können. Virtuelle Gewalt ist Gewalt und die virtuelle Nähe, die durch die Immersion entsteht, kann als emotionale Bedrängung empfunden werden. Zudem können Kinder und Jugendliche mehr Zeit in diesen Beta-Welten verbringen, als in der Alpha-Welt, der wirklichen Welt, was problematisch werden kann, da ein verstärktes Abhängigkeits- und Suchtpotenzial besteht. Hier gilt das gleiche wie mit dem Umgang mit anderen digitalen Medien, das richtige Maß der Verwendung muss gefunden werden. Zudem wird eine Altersfreigabe für Virtual Reality ab dem Alter von 13 Jahren empfohlen, da jüngere Kinder verstärkt unter der „Motion Sickness“ leiden, bei der es zu Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerzen kommt.

Durch Virtual Reality können andererseits gänzlich neue Wahrnehmungshorizonte erschlossen werden. In dem Bereich der Medizin, Architektur, Design, Kunst und Therapie findet die Virtuelle Realität wichtige Anwendungsgebiete wie beispielsweise bei der realitätsnahen Simulation von komplizierten medizinischen Operationen, die wichtige Erfahrungen liefern und einen Probe- und Übungsversuch generieren, bei dem Fehler gemacht werden können, ohne daraus resultierenden Folgen. Im Bereich der Therapie findet die Technologie Anwendung in der Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen, Angststörungen oder in der Schmerztherapie. Und die Vermittlung von praktischen Tätigkeiten via VR in Berufsschulen, fördert die Motivation sich mit dem Lerngegenstand auseinanderzusetzen und mit ihm zu interagieren.

Diese Entwicklungen werfen die Frage auf, ob Virtual Reality nicht auch für Schulen Anwendungspotenziale bietet, welche den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern begünstigen können.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten von Virtual Reality im Bildungsbereich bei der Vermittlung von praktischen und fachlichen Kompetenzen und Potenziale für schulischen Unterricht werden zukünftig angenommen, obgleich die positiven und negativen Auswirkungen noch wenig erforscht sind. „Erfahrung ist die reichhaltigste Art der Information“, sagte Clay Bavor, der Leiter der VR-Abteilung von Google. Der Perspektivwechsel, der geschieht, wenn man in die Rolle einer virtuellen Figur beispielsweise schlüpft, soll zu einer Verbesserten Lernfähigkeit und Lernmotivation führen, Stereotypisches Denken abbauen und die aufgeschlossenere Begegnung von Ideen fördern. Das neue Medium kann mit richtigem Einsatz und reflektierter Verwendung sicherlich zu einer Belebung des Unterrichts führen und die Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler steigern. VR könnte virtuelle Übungsanlässe generieren, den Lernerfolg steigern und ein konstruktivistisches Lernen fördern. Es ist zu beachten, dass Medien, die heute im schulischen Unterricht zum Einsatz kommen, zum Zeitpunkt des beruflichen Einstiegs der Schülerinnen und Schüler meistens veraltet sind. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, neue Medien in den Unterricht an Schulen einzubinden, damit die Schülerinnen und Schüler lernen selbstbestimmt und eigenverantwortlich in der digitalen Lebens- und Arbeitswelt zu handeln. Es ist dabei wichtig den didaktischen und pädagogischen Mehrwert eines Mediums zu prüfen, wie den der neuaufkommenden Technologie der Virtual Reality, die bisher viele Chancen und positive Effekte zeigt und damit einen zukünftig verbreiteten Einsatz des Mediums in den Bildungs- und Erziehungsbereichen, wie die der Schulen erwarten lässt.

Literaturverzeichnis:

Vgl. Hellriegel, Jan, und Dino Čubela. 2018. «Das Potenzial von Virtual Reality für den schulischen Unterricht – Eine konstruktivistische Sicht».

Medien Pädagogik, (Dezember), 58–80. https://doi.org/10.21240/mpaed/00/2018.12.11.X (letzter Zugriff 19.06.2020).

https://www.kas.de/de/kurzum/detail/-/content/virtuelle-realitaet-in-der-bildung (letzter Zugriff 19.06.2020).