Sina Eggers
In meiner Kindheit und Jugend habe ich häufiger den Satz: „Du sitzt nur noch vor dem Handy“, von meinem familiären Umfeld gehört.
Früher hate ich weniger Verständnis dafür, wie es als außenstehende Person wirkt, wenn das Gegenüber lediglich durch ein Gerät in der Hand so abwesend wirkt, dass es an den Gesprächen am Frühstückstisch und der Realität scheinbar weniger teilhat.
Wie hätte dies in einer Zeit vor der Existenz der Smartphones ausgesehen? Wenn das Kind, möglicherweise in dem schwierigen Alter der Pubertät, am Esstisch sitzt und vielleicht keine Lust hat, an der Konversation des Familienzusammenkommens teilzuhaben. Vielleicht hätte es sich gedanklich in eine andere Realität begeben und sich durch Schweigen dem Gespräch und der Gesellschaft entzogen. Nun erfolgt dieses Abschweifen sichtbar durch die Tatsache, dass es ein Smartphone in die Hand nimmt und dementsprechend visualisiert und nebenher an einer scheinbar anderen Realität teilnimmt, unabhängig davon, ob es vielleicht trotzdem der laufenden Konversation zuhört oder nicht.
Meiner Meinung nach erzeugte dieses „Verteufeln“ der Smartphones eine höchst negative Sicht der Generation der Eltern auf den Umgang der Kinder und Jugendlichen mit ihren Smartphones. Jedoch würde ich aus heutiger Sicht sagen, dass die jüngere Generation gegebenenfalls etwas früher die Chancen der Kommunikation erkannte, welche sich durch die Existenz des dauerhaften Internetzugangs, der Smartphones und der damit verbundenen Kommunikationsplattformen ergaben.
Gegebenenfalls hätten die Kinder und Jugendlichen, in der Zeit vor der Selbstverständlichkeit der Kommunikation über Plattformen auf digitalen Endgeräten, den Austausch zu ihren FreundInnen über das Haustelefon gesucht und es hätte eine zeitlich isolierte Form der Gespräche mit ihren FreundInnen gegeben. Dies bedeutet nicht, dass es früher weniger Austausch innerhalb der Freundeskreise gegeben hat. Telefongespräche konnten auch damals über Stunden geführt und nicht wie heute, eher gestückelt über den ganzen Tag als kleinere Text- oder Sprachnachrichten erfolgen.
Aus meiner Sicht hat es hier eine Veränderung gegeben. Der Austausch mit meinem Freundes- und Bekanntenkreis zeigt, dass die Mehrheit eine veränderte Position in Bezug auf die Kommunikation über digitale Medien einnimmt. Innerhalb meiner Generaon wird vor allem kritisiert, eine ständige Erwartungshaltung erfüllen zu müssen, jederzeit erreichbar und Nachrichten beantworten zu müssen, welche mit der Existenz der Smartphones und der dauerhaften Möglichkeit der Internetnutzung einhergeht.
Im Gegensatz hierzu, scheint die Generaon der Eltern und teilweise auch der Großeltern erst jetzt die Kommunikation zu Freunden und Verwandten oder Bekannten über das Smartphone intensiver zu nutzen. Aktuell hat es den Anschein, als würden bei ihnen eher die Vorzüge des zeitsparenden, unpersönlicheren Verschickens eines Geburtstagsgrußes als Textnachricht präsent zu sein oder auch die Freude darüber, am Urlaub der Kinder oder Enkelkinder teilhalben zu können, indem sie unkompliziert mit tagesaktuellen Fotos auf dem Laufenden gehalten werden.
So kann es vorkommen, dass Geschwister mit Freunden aus der Generation der Millennials an einem Tisch sitzen, während ihre Eltern und Großeltern am anderen Tisch in ihre Smartphones vertieft, die neue Lieblingsblume der Nachbarin im hochgeladenen Status bei „WhatsApp“ verfolgen. Wie würden sie auf die Feststellung ihrer Kinder: „Ihr sitzt ja auch nur noch am Handy!“, reagieren?