Machen uns digitale Medien einsamer?

Emily Schmidt

Ein Gedanke, der mich seit längerer Zeit immer wieder beschäftigt und auch regelmäßig durch alltägliche Situationen und Erfahrungen hervorgerufen wird, ist, ob die Menschheit durch die Existenz und die Nutzung der digitalen Medien stärker vereinsamt als zuvor.   

Daher möchte ich durch mein erstelltes Bild ein sogenanntes „Haus der Isolation“ darstellen, in dem die Bewohner durch die Beschäftigung mit ihren Smartphones, iPads oder Computern die Anwesenheit der anderen nicht mehr wahrnehmen und vernachlässigen, sich dadurch aber auch mit sich selbst allein und ausgeschlossen fühlen. 

Vor ein paar Jahren, als die Kinder noch nicht über Medien mit Internetzugang verfügten, so glaube ich, hätte es fast kein Kind ausgehalten, über viele Stunden allein in seinem Zimmer zu verbringen. Heutzutage sind dies jedoch keine unüblichen Gegebenheiten mehr. Denn durch die vielfältigen

Möglichkeiten, die ein digitales Gerät bietet, was schon mit der Vielzahl and unterschiedlichen SpieleApps und Sozialmedia Plattformen beginnt, können sich Kinder über längere Zeiträume nur mit diesem einen Medium aufhalten, ohne dass ihnen dabei langweilig wird.

Des Weiteren sind die sozialen Plattformen, wie zum Beispiel Instagram oder TikTok bewusst darauf ausgerichtet, die Menschen zu fesseln. Somit sind beispielsweise die Videofrequenzen oder Clips beabsichtigt auf eine gewisse Länge gekürzt, damit die KonsumentInnen nicht das Interesse oder die Konzentration verlieren. Ebenfalls werden diese Videos abwechslungsreich eingespielt und sind auch auf die Vorlieben und Neigungen der Person durch die Hilfe von Algorithmen abgestimmt. Hierbei geht es im Endeffekt also nur um Marketing und die Gesundheit der Menschen rückt in den Hintergrund. Aus diesem Grund ist auch der Suchtfaktor bei diesem Medium deutlich höher, da das exzessive Konsumieren auch eines der Ziele dieser Branche ist. 

Die Person links oben im Bett soll in einer Art schwarzen Wolke gefangen sein, in der sie feststeckt. Auf ihrem Smartphone schaut sie sich gerade kurze Videos von ihr fremden Personen an, wie diese ihren Alltag gestalten oder ihr Leben nutzen. Durch den Vergleich mit ihrem eigenen Tun fühlt sie sich daraufhin schlecht und unproduktiv im Bett zu liegen, während andere Menschen ihre Zeit „sinnvoller nutzen“ und das Leben, wie es scheint, maximal zu genießen und auszukosten. Aus Frustration, nicht diese Möglichkeiten oder Optionen zu haben, verkriecht sich diese Person unzufrieden und überfordert noch tiefer unter ihrer Decke und grenzt sich deprimiert sowie beschämt von ihrer Außenwelt ab.   Durch Filter sozialer Netzwerke entsteht somit in einer Person das Gefühl von Minderwertigkeit im Vergleich zu dem deutlich spannenden und aufregender wirkenden Alltag anderer, wie sie auf den digitalen Plattformen zur Schau gestellt werden. 

Darüber hinaus kann sich das Verlangen oder der Druck nach stetiger Selbstoptimierung und Perfektionismus durch die inszenierte Welt in einem Individuum entwickeln.

Sich allein zu fühlen, entsteht meiner Meinung nach aber nicht ausschließlich durch die Abwesenheit von sozialen Kontakten, sondern kann auch durch die Qualität der gemeinsamen Zeit und wie diese verbracht wird, hervorgerufen werden. 

Diesen Aspekt habe ich versucht, durch die Situation im unteren Raum hervorzuheben, in dem alle Anwesenden mit ihrem Smartphone oder Tablett beschäftigt sind, anstatt das „Jetzt“ und das Miteinander zu genießen. Auch in dieser Situation wird ihr eigenes Leben mit dem realitätsfernen Lifestyle, wie sie im Internet teilweise veranschaulicht werden, vergleichen.

Hätten Menschen erst gar nicht diese Gegenüberstellung, würden sie ihren eigenen Alltag möglicherweise weniger abwerten und sich allgemein mehr auf sich selbst oder den realen Menschen in ihrer Nähe konzentrieren, ohne sich darum zu kümmern, was alle anderen gerade so erleben und sich daraufhin auch wohler und entspannter in ihrer Lage fühlen. 

Auch an meinem eigenen Verhalten ist mir aufgefallen, wie regelmäßig und fast schon reflexartig ich zum Smartphone greife, um zu überprüfen, ob ich Nachrichten erhalten habe oder ob sich auf den Social Media Plattformen etwas geändert hat. 

Dabei sind die meisten Mitteilungen vermutlich in dem Moment gar nicht so wichtig oder müssten nicht schnellstmöglich gesehen und beantwortet werden. Außerdem stört es mich selbst auch häufig, immer für alle erreichbar sein zu sollen. Es gibt mir zusätzlich das Gefühl, mich nicht immer ganz auf mein aktuelles Tun oder meine Mitmenschen konzentrieren zu können. 

Und selbst wenn ich nicht eigenständig auf mein Handy schaue, werde ich bei jeder Nachricht   oder Mitteilung direkt durch ein Klingeln oder Vibrieren informiert, dass ich eine Benachrichtigung erhalten habe oder eine Person etwas gepostet hat. Das führt dazu, dass ich dann doch aus Neugierde oder dem Gedanken, dass es etwas Wichtiges sein könnte, wieder zum Smartphone greife und dem Gerät meine Aufmerksamkeit schenke. Diese Funktion kann auch während sozialer Interaktionen oder in Gesprächen mit anderen Personen sehr belastend und störend sein.

Ebenso denke ich, dass allgemein spontane Gespräche unter Fremden, wie sie beim Warten an der Bushaltestelle oder auf langen Zugfahrten entstanden sind, durch die ständige Handynutzung seltener stattfinden. 

Nun sind viele Menschen durch Messenger Apps im konstanten Kontakt mit Freunden, Bekannten oder Verwandten und haben daher vermutlich auch gar nicht das Bedürfnis, mit anderen Personen in ihrem Umfeld Gespräche zu führen. Diese unerwarteten Konversationen habe ich jedoch häufig als besonders bereichernd für neue Anstöße, Erkenntnisse und Sichtweisen empfunden. 

Des Weitern können gerade auch die älteren Generationen durch die explosionsartige Entwicklung der Digitalen Medien den Anschluss verlieren. So fühlt sich eine meiner beiden Großmütter von den neuen Technologien äußerst überfordert sowie befremdet und traut sich nicht zu, sich mit dieser neuen Vielfalt von Medien zu beschäftigen, da ihr dies viel zu kompliziert und komplex erscheint. Zudem ist sie der festen Überzeugung, dass sie auf Grund ihres Alters nicht in der Lage dazu ist zu erlernen, mit digitalen Medien umzugehen. Die Mutter meines Vaters war im Gegensatz dazu bereit, sich ein Smartphone zu kaufen und hat auch die grundlegenden Bedingungen, wie z. B. das Verschicken von Nachrichten, halbwegs verstanden.  Mittlerweile hat sie jedoch meine gesamte Familie darum gebeten, ihr wenn möglich, keine Mitteilungen zu schicken, sondern lieber über das Haustelefon anzurufen, da ihr die Beantwortung von Nachrichten über das Handy zu viel Stress bereitet. Ich könnte mir vorstellen, dass sich durch all diese neuen Technologien eine größere Spalte zwischen den Generationen entwickelt.

Mir ist bewusst, dass ich diese Thematik auf meinem Bild sehr überspitzt und auch ausschließlich negativ behaftet dargestellt habe und dass die digitalen Medien in diesem Bereich auch eine große Hilfe sein können, indem sie beispielsweise den Kontakt von Menschen über weite geografische Grenzen ermöglichen. Jedoch bin ich der Überzeugung, dass die digitalen Medien durchaus ihren Anteil zu dem wachsenden Gefühl der Einsamkeit in der Gesellschaft beitragen und dieses Empfinden bedienen, auch wenn bestimmt noch viele weitere Faktoren eine Rolle spielen. Somit kommt es beispielsweise auch durch die zunehmenden Umstellungen ins Homeoffice oder online Bestellungen von Produkten (welche natürlich auch Vorteile mit sich bringen und auch vieles vereinfachen) dazu, dass die Menschen ihr Haus noch weniger verlassen und sich daher auch an dieser Stelle die sozialen Begegnungen verringern.  Aus diesem Grund empfinde ich es als wichtig, sich mit den Entwicklungen auseinanderzusetzen und die Auswirkungen dieser zu reflektieren und auch ein größeres Bewusstsein in der Gesellschaft für die Problematik zu schaffen.