Online ist einfach! – Oder nicht? Die Kluft der Generationen

Jessica Hillemeier

Was uns heute so leicht fällt und selbstverständlich erscheint, ist für viele – vor allem ältere Menschen – vollkommen unbetretenes Areal. Egal, ob es um die schnelle Bezahlung mit dem Handy, die Onlinebestellung oder die Buchung der Flugtickets von überall und auf jedem Gerät geht, für die meisten Senioren ist all dies undenkbar. Dabei könnten auch – oder vor allem – sie so stark von all den technischen Möglichkeiten, die wir heute haben, profitieren.
In einer Zeit zu leben, in der Digitalisierungsprozesse gefühlt schneller vorangehen, als Zeit vergehen kann, bedeutet, sich stets neu anpassen zu müssen, um bei diesem Wettrennen mitlaufen zu können. Keine Computer-Kenntnisse, kein E-Mail-Account? – Seien wir doch mal ehrlich: heutzutage würde einen vermutlich kein Arbeitgeber mehr einstellen. Wir sind also gezwungen, das Rennen der Digitalisierung mitzulaufen, um nicht von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden.
Bei den allermeisten jungen Menschen läuft dies heutzutage wie selbstverständlich nebenbei ab. Sie werden und wurden in diese Zeit hineingeboren und kennen nichts anderes. Für sie ist es vollkommen normal, früher oder später auf dem Handy von Mama herumzutippen, online Spiele zu spielen, mit dem Onkel zu facetimen etc. Wenn sie älter werden, haben sie selbst alle möglichen technischen Geräte und sie nutzen sie, als wäre es nie anders gewesen.
Für die Generation, die nicht mit all den Neuheiten und Möglichkeiten aufgewachsen ist, ist all dies schon etwas schwieriger. Ich würde sagen, dass wir schon hier innerhalb dieser mittleren Generationen bedeutende Unterschiede feststellen können, was die Fähigkeiten im Umgang mit der Technik und den Medien angeht. Einem Teil fiel oder fällt die Umstellung und Nutzung von Papier zu Computerschreibprogramm, von Brief oder Fax zu Mail und von erst Telefonat, dann zu SMS und heute schließlich zu sämtlichen Kommunikationsmessengern sehr leicht, andere wiederum haben kaum Ahnung bzw. kennen sich nur mit dem Nötigsten aus: eine Mail oder WhatsApp-Nachricht schreiben, die schwer im Geschäft zu findende Druckerpatrone auf Amazon zu bestellen etc.
Äußerst schwierig ist es aber für die älteren Generationen. Sie haben oder hatten bereits einen Großteil ihres Lebens hinter sich, bevor es all die technischen Möglichkeiten gab. Aus diesem Grund sehen sie eher weniger den Sinn in der Nutzung dieser, da für sie problemlos ein Leben ohne möglich ist. Oft verteufeln sie auch jüngere Generationen für den Umgang mit Medien und betrachten vieles als „schwachsinnig“ oder zumindest für sie unbrauchbar. Denn sie selbst haben im Job nicht mehr den Umgang mit Medien gebraucht und auch im Alltag selbstverständlich nicht, da es ja schließlich jahrzehntelang auch ohne ging.
Jetzt ließe sich natürlich darüber streiten, ob früher alles besser war und es eigentlich auch heute gar keinen sozialen Medien etc. zum Leben bedarf. Darauf möchte ich allerdings an dieser Stelle nicht weiter eingehen. Mir geht es nun viel mehr darum, dass wir heute durch die Digitalisierung unter anderem viele Möglichkeiten haben, die uns den Alltag deutlich erleichtern können. Wenn wir also beispielsweise kein Bargeld im Portemonnaie haben, allerdings noch schnell etwas einkaufen müssen, ersparen wir uns den Weg zur Bank und bezahlen stattdessen an der Kasse schnell mit Karte oder mobil mit dem Handy. Wenn wir in den Urlaub fahren möchten und plötzlichen feststellen, dass alle Socken durchlöchert sind, jedoch keine Zeit mehr da ist, um noch in die Stadt zu fahren und im Geschäft neue so besorgen, bestellen wir sie eben schnell online. Sie sind schließlich oft einen Tag später da und wir haben uns wieder die Zeit und den Weg in die Stadt erspart. (Die Auswirkungen unseres Verhaltens auf die lokalen Geschäfte und die Umwelt würde ich an dieser Stelle gerne vernachlässigen, auch diesbezüglich ließe sich dennoch sicher sehr viel diskutieren). Ältere Menschen im Gegenteil ziehen all dies für gewöhnlich gar nicht in Erwägung, da ihnen diese technischen Neuerungen und Möglichkeiten so weit entfernt scheinen, dass es unmöglich, aber auch „unnötig“ wäre. Sie sind stattdessen diejenigen, die sich teilweise unter Schmerzen mit Stock, Rollator etc. zur Bank und in die Stadt quälen, um alles genauso zu tun, wie sie es 70 Jahre lang auch getan haben.
Ich möchte mich an dieser Stelle gar nicht negativ gegen all das aussprechen, da es ja auch besonders für ältere Menschen wichtig ist, rauszugehen, sich zu bewegen, mit anderen Menschen zu kommunizieren und vor allem, etwas zu tun zu haben. Ich möchte dennoch sagen, dass ein Umgang mit den Medien auch für sie eine erhebliche Erleichterung des Alltags bedeuten könnte, da es nun mal oft sie sind, die in ihrer Mobilität stark eingeschränkt sind. Während wir uns also Wege ersparen, lassen wir sie ältere Menschen gehen, weil wir sie nicht ausreichend über all die heutigen Möglichkeiten aufklären. Um den Faktor Zeit geht es meist bei älteren Generationen gar nicht – hiervon haben sie in den meisten Fällen genug, während wir immer schneller und immer besser unseren Alltag bewältigen müssen. Die Ersparung von Wegen betreffend bin ich allerdings der Meinung, dass wir älteren Menschen das Leben erheblich leichter machen könnten, indem wir sie über ihre Möglichkeiten aufklären und sie geduldig unterstützen. Oftmals ist es nämlich auch die Angst vor dem Neuen und die Angst davor, etwas falschzumachen, die sie haben und sie daran hindert, Neues und vielleicht Einfacheres auszuprobieren.
Aber wer weiß: Vielleicht sehen wir in gar nicht all zu ferner Zukunft Omis mit ihrem Einkaufstäschchen vor sich stehend auf einem E-Scooter durch die Stadt nach Hause cruisen. – Wir müssen ihnen nur die Möglichkeiten, die sie und wir haben, aufzeigen und sie vor allem dabei unterstützen.