Zwischen Augenblick und virtueller Welt

Finja Müller

In jedem Moment steckt ein klein wenig Ewigkeit. Viele versuchen diese Ewigkeit für immer bei sich zu tragen, in dem sie in jeder Situation meinen zu müssen Fotos und Videos zu machen. Durch die Kameralinse alles im Blick, sodass man ja keinen Moment vergisst.

Besonders in letzter Zeit waren meine Social Media-Kanäle überflutet mit Bildern und Videos von Konzerten und Festivals. Ich denke, dass ich das Harry Styles Konzert jetzt aus jeder erdenklichen Perspektive gesehen habe, ohne überhaupt da gewesen zu sein. Mit meinem Bild möchte ich auf genau diese Problematik verweisen und im Folgenden näher thematisieren.

Ein Leben ohne Handy und Social Media ist für viele heutzutage unvorstellbar. Egal ob man im Café einen Matcha Chai Latte trinkt, mit seinen Freunden abends gemeinsam Essen geht oder das Konzert von Harry Styles besucht, alles muss gepostet werden. In jedem dieser eben beschrieben Momenten geht es vielen darum ihr spannendes Leben mit ihren Followern auf Instagram und TikTok zu teilen und weniger, um die Tatsache diesen Moment zu genießen. Unter dem Deckmantel schöne Erinnerungen festzuhalten, wird in jedem Moment die Handykamera draufgehalten. Es werden teilweise ganze Konzerte mitgefilmt, sodass man aus dem Videomaterial bestimmt einen ganzen Dokumentarfilm drehen kann, unter der Legitimierung, dass man diesen schönen Moment für immer festhalten möchte. An dieser Stelle kommt mir die Frage auf, welchen schönen Moment du für immer bei dir tragen möchtest, wenn du diesen Moment lediglich durch dein Handydisplay gesehen hast. An welchem schönen Moment möchtest du dich erinnern, wenn du diesen Moment gar nicht in vollen Zügen erlebt und genossen hast?

Das Problem der heutigen Gesellschaft besteht darin sein „spannendes“ Leben auf Social Mediapreiszugeben und plakativ zur Show stellen zu müssen. Es geht den Menschen weniger darum die gemeinsame Zeit mit seinen Freunden zu genießen oder dankbar dafür zu sein ein Konzert besuchen zu können, sondern viel mehr um die Eigeninszenierung. Ich kann selbstverständlich nachvollziehen gewisse Momente filmen oder fotografieren zu wollen und diese gelegentlich auf Instagram hochzuladen, allerdings in einem gesunden Maße. Viele leben nicht im Moment, sondern denken vielmehr an die nächste Instastory oder das nächste BeReal, was sie aufnehmen können. Im Endeffekt wird dem Moment durch das ständige Filmen, um auf jeden Fall die wichtigen Erinnerungen festzuhalten, Schönheit und vor allem Bedeutsamkeit genommen. Viele sind sich dessen gar nicht bewusst und kommen von Konzerten wieder und posten zahlreiche aufgenommenen Videos und Fotos direkt danach auf all ihren Social Media-Kanälen. Es geht hierbei um die ständige Sorge, schöne Erinnerungen festhalten und teilen zu wollen, sodass die eigentliche Schönheit und Bedeutung des Moments verloren gehen. Die wahre Schönheit des Lebens besteht nicht nur darin sie für andere sichtbar zu machen, sondern darin sie selber zu erleben und zu genießen.

In jedem Moment steckt ein klein wenig Ewigkeit und ich denke, dass wir diese kleine Ewigkeit durch ständiges Filmen und Fotos machen, wegnehmen. Durch die Augen alles im Blick, sodass man ja keinen Moment vergisst.